Sind wir mal ehrlich, Zwillinge oder noch mehr Babys auf einen Schlag zu bekommen ist kein Honiglecken. Es ist harte Arbeit und bringt einen nicht nur ein Mal an die psychischen und physischen Belastungsgrenzen. Für einen selber oder gar den Partner bleibt da wenig Zeit. Davon abgesehen, tendiert man dazu, dass man diesen besagten auserwählten Menschen ohnehin lieber verflucht oder auf den Mond schießt.
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Der Grund dafür ist eigentlich rational gesehen einfach: viel zu wenig Schlaf (und damit meine ich nicht den üblichen Mangel, den man mit einem Kind hat), zu wenig Unterstützung im Alltag und daraus resultierend Erschöpfung und/oder depressive Verstimmungen. Aber nicht nur der/die sich um die Care-Arbeit kümmernde, auch der erwerbstätige Partner ist immer wieder mit bizarren Momenten konfrontiert, wenn er/sie von der Arbeit nach Hause kommt und von einem/r überreizten, müden Vater/Mutter und zwei schreienden Kindern begrüßt wird, die ihm/ihr vollstes Engagement abverlangen.
Kein Wunder, dass man immer wieder alles in Frage stellt, aber gleichzeitig weiß man auch: man kommt hier nicht raus. Mit Zwillingen (oder gar Drillingen oder mehr) braucht man den/die Partner/in und auch immer wieder externe Hilfe. Nur als Team übersteht man diesen alltäglichen Wahnsinn und kann dazu übergehen auch die vielfach schönen Momente zu genießen.
- Mehr zum Thema Partnerschaft haben wir hier geschrieben.
- Zwillings-Basiswissen: Wir beantworten Fragen rund ums Stillen, Schlafen und Mobilität.
- Du willst deine Zwillingsbabys tragen? Dann bist du hier richtig.
- 10 Gründe warum es toll ist Zwillingsmama/papa zu sein
Als Zwillingseltern, die gerade den zweiten Geburtstag der Jungs hinter sich gebracht haben, können wir euch aber folgendes mitgeben: Kopf hoch, Durchhalten. Wenn die ersten eineinhalb bis zwei Jahre mal geschafft sind, wird es merklich einfacher.
1. Das Engagement des Partners ist ausschlaggebend
Die Unterstützung vom Vater (Partner*in) ist essentiell und eine gute stabile Beziehung Grundlage. Bei der Betreuung von Mehrlingen ist das Engagement in Haushalt und Betreuung durch den Vater immens wichtig. Das gilt grundlegend zwar für alle Familien, bei Mehrlingsgeburten aber von Beginn an umso mehr. Hat man nicht das Glück zwei (oder mehr) völlig unkomplizierte, sich selbst beschäftigende Kinder zu haben, die ohnehin nach vier Monaten die ganze Nacht durchschlafen, geht das alles nur im Teamwork. Die gleichwertige Aufteilung von anfallenden alltäglichen Arbeiten im Haushalt, Care-Tätigkeiten und auch des völlig unterschätzten Mental-Load hat einen großen Einfluss auf die ganze Familie und auch die Partnerschaft an sich. Nicht außer Acht lassen sollte man, dass Teamwork und Gleichstellung in der Familie sich auch auf die Entwicklung der Kinder äußerst positiv auswirkt, nicht nur weil beide Elternteile entspannter sind, sondern auch, weil sie in ihrem Gesellschaftsbild davon profitieren.
2. Holt euch externe Hilfe
Mehrlinge erfordern Kraft, Ausdauer und erfordern oft wirklich alle Reserven. Unterstützung von Außen ist daher unabkömmlich. Ihr habt die Familie in der Nähe? Prima! Spannt sie ein, bittet um Hilfe oder sagt einfach dankend JA zu bestehenden Angeboten. Keiner erwartet von euch, den Mehrfach-Marathon alleine zu laufen. Bindet die Großeltern von Anfang an aktiv mit ein, das hilft mögliche Berührungsängste zu vermeiden und macht es für euch leichter auf die Großeltern zurückzugreifen, wenn ihr sie braucht.
Ihr seid in der gleichen Situation wie wir, und habt keine Familie in der Nähe? Dann seid ihr am Zug. Werft Zweifel und Unsicherheiten über Board und sucht euch aktiv eine/n Leihoma/opa, eine Haushaltspflege, eine/n Babysitter/in, eine/n Psychologen/in… Am besten ihr informiert euch schon vor der Geburt, welches Angebot ihr in der Nähe habt. So habt ihr etwas Zeit, die mehrlingstauglichen Kanditat*innen zu finden. Näheres dazu erfährt ihr im nächsten Absatz.
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3. Nutzt professionelle Angebote
Die (oft leider wenigen) professionellen bzw. öffentlichen Institutionen und Unterstützungen, die es in eurer Umgebung gibt, sind dazu da um genutzt zu werden. Da diese Angebote meist sehr lokal gestaltet sind, ist es kaum möglich größflächig alle Institutionen hier zu bündeln. Deshalb haben wir versucht zumindestens für das Bundesland Salzburg alle relevanten Anlaufstellen aufzulisten.
birdi & pepp
Birdi – Frühe Hilfen Salzburg ist ein professionelles und für Familien kostenloses Begleitprogramm vom Land Salzburg.
Beratung und Hilfsangebote bekommt ihr hier: Frühe Hilfen Salzburg. Unter Pepp findet ihr die Elternberatung/Birdi im Pinzgau, Pongau, Flachgau, Tennengau und Lungau (alles außer Salzburg Stadt).
Kontakt Frühe Hilfen
PEPP (zuständig für Pinzgau, Pongau, Flachgau, Tennengau und Lungau)
Telefon: +43 6542 56531
E-Mail: birdi@pepp.at
Elternberatung des Landes Salzburg(zuständig in der Stadt Salzburg)
Telefon: +43 662 8042 – 2887
E-Mail: birdi@salzburg.gv.at
Caritas Familienhilfe & calimero
Die Caritas bietet für Familien in Notsituationen Familienhilfen an. Euch stehen dann ausgebildete FamilienhelferInnen zur Seite, die euch neben der Kinderbetreuung auch bei Haushaltstätigkieten unterstützen. Unter bestimmten Umständen wird der Einsatz der Caritas auch vom Land Salzburg gefördert, wobei Zwillinge nur recht kurz (ca. 2-3 Monate nach der Geburt) förderwürdig sind. Erst ab dem Drilling gibt es vom Land Salzburg hier längere Förderung – unter Unständen bis zu 18 Monate.
Hier geht’s zur Seite der Familienhilfe und hier zum Info-Folder von Calimero. Das Projekt Calimero wurde in Salzburg leider eingestellt, ist aber in anderen Bundesländern noch aktiv.
betreut.at
Auf der Plattform betreut.at findest Du Babysitter, Tageseltern, Leihoma/opa, Haushaltshilfen etc. Für Deutschland (https://betreut.de), die Schweiz (https://care.com/de-ch), und viele weitere Länder gibt es eigene Websites.
KIB – Notfallmama
Der Verein KiB hilft wenn ein Kind oder Elternteil erkrankt ist oder die betreuende Person akut überlastet ist, mit Betreuung und Pflegehilfe. Die/der Notfallmama*papa unterstützt kurzfristig, aber für maximal 3 Tage. Hier gibt’s mehr Infos zur Notfallmama.
Aktion Leben Salzburg
Aktion Leben Salzburg ist eine Initiative der Erzdiozese Salzburg, und bietet einige Beratungsleistungen, sowie auch konkrete Hilfe an, jedoch keine aktive Unterstützung in der Betreuung.
4. Finanzielle Unterstützung
Zwillinge sind nicht nur zwei Kinder auf einen Schlag, sie Kosten auch mehr. Egal ob in puncto Windeln, Kleidung und Pre-Nahrung oder Kinderbetreuung, Schule und Freizeit. Dass dieser Fakt von öffentlicher Hand teilweise völlig ausgeblendet wird, ist eigentlich eine Schande.
Kinderbetreuungsgeld
Es beginnt schon beim Kinderbetreuungsgeld: das gehaltsabhängige Modell macht gleich gar keinen Unterschied zwischen Einling oder Mehrling. Bei der pauschalen Variante gibt’s für das zweite (und jedes weitere) Mehrlingskind dann noch +50% (weil’s ja nur halb so viel kostet 😉 ) Auch der gemeinsame Karenzzeitraum ist nicht ausgeweitet und schafft keine Entlastung für Familien.
Abgesehen davon ist die richtige Berechnung des Kinderbetreuungsgeldes und der entsprechenden Fristen und Aufteilungen (Partnerschaftsbonus) ein echter Albtraum. Das die österreichischen Gesundheitskassen hier gesetzlich nicht beraten DÜRFEN, ist nicht nur der falsche Ansatz sondern blanker Hohn. Man hat den Eindruck, dass hier gerade Familien in präkären Umständen (ist man mit Mehrlingen gerade im teuren Salzburg schnell mal) zusätzlich gegängelt werden. Frei nach dem Grundsatz: Wer hat, dem wird gegeben. Wer nichts hat, hat eben Pech gehabt.
Zum Glück hilft die Arbeiterkammer hier weiter, und berät in diesen Fragen kompetent, sehr freundlich und mit viel Ausdauer. https://www.arbeiterkammer.at/beratung/berufundfamilie/BeihilfenundFoerderung/index.html
Mehrlingszuschuss
Dennoch gibt es Bundeslandabhängig unterschiedliche Förderungen und finanzielle Unterstützungen von öffentlicher Seite. In diesem Punkt muss sich das Land Salzburg vor Scham verstecken, vor allem im Bundesländervergleich schneidet Salzburg hier schlecht ab.
Es gibt eine Einmalige Auszahlung für Mehrlingsgeburten von 400€ pro Kind, allerdings muss im ersten Lebensjahr ein Antrag gestellt werden. Nicht-EWR-Bürger erhalten die Förderung übrigens nur, wenn sie ein Jahr „legal und ununterbrochen“ im Land Salzburg gemeldet sind (und nicht z.B. einen Teil der Zeit in Oberösterreich, Tirol, Wien oder sonstwo in Österreich).
Kontakt für den Antrag des Mehrlingszuschusses
Tel: 0662 8042-5435 oder 5436
oder Beratungstelefon: 0662 8042-5420
Kinderbetreuungsbeihilfe
Die Kinderbetreungsbeihilfe vom AMS ist eine weitere finanzielle Unterstützung, die die horrenden Kinderbetreuungskosten (besonders in Salzburg) ein wenig abmildern – wenn Frau oder Mann Anspruch darauf hat. Beantragen können Mütter oder Väter die Kinderbetreuungsbeihilfe vom AMS nämlich nur unter bestimmten Voraussetzungen. Alle Infos gibt’s hier.
Kinderbetreuungsunterstützung ÖH Salzburg
Für ordenliche Studierende der Uni Salzburg gibt es die Möglichkeit hier einen Antrag auf finanzielle Unterstützung der Kinderbetreuung zu stellen.
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5. Lasst euch nicht unterkriegen
Die ersten Jahre mit Mehrlingen sind besonders intensiv. Die Anstrengungen, die Mehrlingseltern ertragen, sind nicht immer offensichtlich. Gerade im Umgang mit „normalen“ Eltern, die ihr Einzelkind „easy schaukeln“, ist das oft schwer. Lasst euch davon nicht unterkriegen – ihr seit keine „schlechten Eltern“ oder zu wenig belastbar. Mehrlinge sind eine extreme Belastung, gerade für „moderne“ Familien ohne Großfamilie als Backup. Nehmt Hilfe und Unterstützung an, wo immer es geht. Nach 1,5 bis 2 Jahren ist der gröbste Zauber vorbei, ab dann wird es wesentlich entspannter mit den Zwergen.